Grundlage der Diagnosen (ICD-10)
Kostenübernahme seitens der Krankenkassen
Für die Kostenübernahme der Krankenkassen für eine Psychotherapie muss eine psychische Diagnose anhand der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme erfolgen (ICD; Englisch: International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems). Die ICD ist ein weltweit anerkanntes Klassifikationssystem für alle medizinische Diagnosen. Die hochheitliche Verantwortung der ICD Klassifikation obliegt der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Die ICD in der mittlerweile 10. Auflage (ICD-10) ist die aktuell international gültige Version und ist 1992 in Kraft getreten. Die englische Originalausgabe findet sich auf der Webseite der Weltgesundheitsorganisation. Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Revision, mit der sogenannten Deutschen Abänderung (Englisch: German Modification) ICD-10-GM ist die amtliche Klassifikation zur Verschlüsselung von Diagnosen in der ambulanten und stationären Versorgung in Deutschland. Diese soll in Deutschland am 1. Januar 2022, mit einer flexiblen Übergangszeit von 5 Jahren, vom Nachfolger, der ICD-11 abgelöst werden. Auf der Seite der Weltgesundheitsorganisation sind weitere die Infirmationen zur ICD-11 auf Englisch abrufbar.
In Deutschland sind vertragsärztliche und vertragspsychotherapeutische an der Versorgung teilnehmenden Ärzte bzw. Psychotherapeuten also dazu verpflichtet Diagnosen nach ICD-10-GM zu verschlüsseln. Die rechtliche Grundlage dafür bildet § 295 Abs. 1 Satz 2 des fünften Sozialgesetzbuchs (Abrechnung ärztlicher Leistungen) zur Verschlüsselung von Diagnosen sowohl im ambulanten als auch im stationären Setting.
Psychotherapeutische Leistungen bzw. psychische Erkrankungen finden sich in der ICD-10 im Kapitel V (F00- F99: Psychische und Verhaltensstörungen). Im Rahmen der Antragstellung für eine Kostenübernahme Ihrer Krankenkassen werden Sie über die gestellte Diagnose sowie das weitere therapeutische Vorgehen aufgeklärt.
In Deutschland besteht in der ambulanten Versorgung die Möglichkeit neben der Diagnose ebenfalls die Diagnosesicherheit zu definieren. Hierbei gelten die folgenden Buchstabenkennungen für alle medizinischen Bereiche:
Kritiken an dieser Art der Diagnoseklassifizierung gab und gibt es regelmäßig. Hier nenne ich exemplarisch zwei Punkte:
Die Diskussion um die sexuelle Identität
Häufig wurde kritisiert, dass das ICD zu einer Pathologisierung von Homosexualität und Bisexualität beitrug, da eine dazugehörige Diagnose erst 1990 als Krankheit aus dem ICD-9 gestrichen wurde. Im ICD-11 soll nun u.a. auch die Streichung von Transsexualität aus dem Klassifikationssystem vollzogen werden. Es zeigten sich ebenfalls Herausforderungen in der nationalen Anwendung, da die Kodierungen hier unvollständig sind.
Die Diskussion um die Kodierung von Burnout
Die Z-Diagnosen
Im ICD 10 Kapital XXI finden sich die sogenannte Z-Diagnosen (Z00-Z99) Das Kapitel trägt den Titel “Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen” Diese Klassifizierungen sind für Fälle vorgesehen, in denen Sachverhalte als “Diagnosen” oder “Probleme” angegeben sind, die nicht als Krankheit, Verletzung oder äußere Ursache unter den klassischen Kategorien “A” bis “Y” klassifizierbar sind. Beispiele dafür sind:
Wenn eine Person, wegen einer Krankheit oder ohne krank zu sein, das Gesundheitswesen zu einem speziellen Zweck in Anspruch nimmt, z.B. um eine begrenzte Betreuung oder Grundleistung wegen eines bestehenden Zustandes zu erhalten. Beispiele dafür sind beispielsweise prophylaktische Impfungen oder genereller Rat zu einem Problem, das an sich keine Krankheit oder Schädigung ist.
Wenn irgendwelche Umstände oder Probleme vorliegen, die den Gesundheitszustand einer Person beeinflussen, an sich aber keine bestehende Krankheit oder Schädigung sind.
Unter anderem können die Z-Diagnosen beispielsweise weitere, näher beschreibende Informationen über familiäre und/oder berufliche Situationen geben. Unter diesen Z-Diagnosen ist auch das Burn-Out-Syndrom kodiert. In Kürze handelt es sich dabei um die Abgrenzung eines Leidenszustandes (“Z-Diagnose”) von einer Krankheit (“Diagnose”). (Hier sei noch angemerkt, dass es sich um eine andere Nutzung des Buchstabens “Z” handelt, als bei der Diagnosesicherheit weiter oben)
Burnout
Welche Rolle ist also den Z-Diagnosen zuzuschreiben? Z-Diagnosen werden in der Praxis selten angewendet, allerdings gab es aufgrund des dort angesiedelten Burnouts bereits viel Diskussionsstoff über diese Arten von Diagnosen. Sie beschreiben die Symptome eines Menschens auf einem Kontinuum zwischen „Krankheit“ und „gesunden Zuständen des Leidens“, die auf externe Faktoren zurückschließen lassen. Hierbei wird vermieden, dass die Betroffenen aufgrund einer krankheitswertigen Diagnose durch Labeling und Pathologisierung geschädigt werden. Insofern machen die Z-Diagnosen Sinn, allerdings wird eine Kostenübernahme von Psychotherapie ausschließlich auf Basis einer Z-Diagnose zum aktuellen Zeitpunkt meist abgelehnt und fällt daher zumeist zur Behandlung unter Coaching.
Prinzipiell gibt es sehr viele Überschneidungsbereiche zwischen einem Burn-out- Syndroms und dem Vorliegen einer Depression (wie z.B. Schlafstörungen, Erschöpfung, Angstzustände), daher sollte anhand einer spezifischen Diagnostik ermittelt werden, ob eventuell ebenfalls die Kriterien für eine depressive Episode erfüllt sind. Eine allgemeine Abfassung zu Z-Diagnosen findet sich bei Interesse im Deutschen Ärzteblatt von 2013: Psychische Gesundheit: Gesundes Leiden – die „Z-Diagnosen“ (Quelle: Dtsch Arztebl 2013; 110(3): A-70 / B-65 / C-65)